Als die Sonne doch eine Rechnung schickte: Das Ende des deutschen Solarwunders

Zehntes Jahrgedächtnis an das Ende der solaren Zukunft in Deutschland: Q-Cells existiert auch heute noch, als Schatten seiner selbst.

Der Schock saß tief, als es geschah. Politiker schickten Rettungsmillionen aus, die Öffentlichkeit war konsterniert. Eine Zukunft, von der sehr viel die Rede gewesen war, endete mit einem Knall. Vielleicht war es doch ein Fehler gewesen, dass die Sonne nie eine Rechnung geschickt hatte?  Unangekündigt, aber mit einem Vorlauf, der Böses ahnen ließ, hatte QCells Insolvenz angemeldet. 1.200 Beschäftigte im mitteldeutschen "Solar Valley" standen vor dem Nichts. Deutschland, bis zu jenem Tag vor zehn Jahren weltweit führend in der finanziellen Förderung der neuen Technologie zur Erzeuigung von Strom aus Sonnenlicht, sah sich zurückgeworfen auf den Stand der Braunkohlen-Ära.

Zurück zur Braunkohleära

Doch es lag natürlich eine riesige Chance auch in diesem Scheitern. Das Insolvenzverfahren biete, so hieß es zuversichtlich, die Gelegenheit, Q-Cells ganz neu aufzustellen. An dieser Restrukturierung werde die öffentliche Hand, die von Anfang an als Finanzier der Erfolgsfirma aufgetreten war und rein rechnerisch auch schon fette Profite eingefahren hatte. 

Nun nicht aufgeben! Auch die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) sagte ihre Hilfe zu, um möglichst viele Arbeitsplätze zu retten. Die Politik sei nun aber wirklich gefordert, vernünftige Rahmenbedingungen für die Branche zu setzen. Auch müsse geklärt werden, wie es gelingen könne, mehr Geld für den Aufbau von Solaranlagen zu mobilisieren. Eine Verstaatlichung war nicht im Gespräch, eine volle staatliche Finanzierung des Neustarts aber schien unumgänglich.

Der Chinese war an allem schuld

Denn so verfuhr ja der Chinese, der den Markt mit Solaranlagen überschwemmte, die oft mit Hilfe deutscher Technologie entwickelt worden waren. Durch günstigere Produktionsbedingungen und Subventionen konnte China seine Panele um bis zu 30 Prozent billiger anbieten: In Deutschland, das damals noch unter einem niedrigen Strompreis von nicht einmal 12 Cent litt, ermöglichte das einer Solaranlage, sich binnen von nur wenigen Jahren zu amortisieren.

Deutsche Hersteller, die sich auf die reine Fertigung konzentriert hatten und damit direkt mit China konkurrierten, konnten da nicht mithalten. Das deutsche Solarwunder, der erste Aufbau einer neuen Industrie im Land der Ingenieure, seit Gottlieb Daimler die Büchse der Pandora zur individuellen Mobilität geöffnet hatte, es musste scheitern. Zu hohe Löhne, zu hohe Grundstückspreise, zu wenig Sonne, zu wenig Nachfrage, zu teure Anlagen, zu geringe Produktivität. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff sagte in seiner Grabrede für die Zukunftsindustrie, dass die Insolvenz ein Beleg dafür sei, dass Bund, Länder und Unternehmen eine Strategie entwickeln müssten, damit die Solarindustrie in Deutschland und Sachsen-Anhalt Bestand haben könne.

Arm zahlt für Reich

Daraus ist dann aber doch nichts geworden. Zu viel anderes kam dazwischen, zu viele Krisenherde, zu viele Insolvenzen, zu viel Globalisierung, zu viel zusätzliche Konkurrenz, zu viele Weichenstellungen bei der Förderung, die das Einspeisegesetz entwerteten, das die rot-grüne Bundesregierung einst eigens zum Schutz der heimischen Sonnenindustrie beschlossen hatte, ehe Nachfolgerin Angela Merkel bemerkte, dass das deutsche Erfolgsmodell dazu führte, dass immer mehr Reiche sich Solaranlagen zulegten, um die von den Armen zu zahlende Sonderabgabe zu nutzen, immer mehr Reichtum anzuhäufen.

Im letzten Jahr vor dem großen Zusammenbruch waren rund acht Milliarden Euro von Stromverbrauchern an Solaranlagenbereiber geflossen - heute keine große Summe mehr, damals aber noch atemberaubend viel Geld. Es musste etwas geschehen, und es geschah. Mit Q-Cells fiel der erste Stein. Heute ist von der ganzen Mauer nichts mehr übrig.



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1 comments
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Wobei es nicht so sehr ein Bankrott der Solarenergie sein dürfte, sondern ein klarer Hinweis auf die Folgen staatlicher Eingriffe.

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