Achtsames Wochenende #10 | Das einfache Haus
Liebe Leserinnen, liebe Leser
Wahnsinn bereits zum 10. Mal erscheint heute ein Beitrag aus meiner kleinen Serie «Achtsames Wochenende», es ist immer wieder erstaunlich wie schnell die Zeit doch vergeht. Interessanterweise fliegen mir die Ideen für die Artikel nur so zu und es gibt noch sehr viele spannende Themen, die beleuchtet werden wollen. Was mir besonders gefällt ist das Arbeiten mit der Sprache. Ich mag es sehr Begrifflichkeiten, oder der jeweiligen Geschichte auf den Grund zu gehen und die Ebenen ihrer Bedeutung zu erkunden. Es ist immer interessant wohin diese kurzen Reisen dann führen.
Startpunkt für die heutige Tour ist der Begriff der Genügsamkeit. Schlägt man diesen in einem Wörterbuch seiner Wahl nach, findet man in der Beschreibung eine Mehrdeutigkeit. Das Substantiv bezeichnet unter anderem Dankbarkeit, Bescheidenheit oder Einfachheit. Ihrer Bedeutung nach sind das alles Geschwister, ähnlich aber doch nicht identisch.
In den meisten westlichen Ländern leben wir nach wie vor in grossem Überfluss, aber es gibt in den letzten Jahren doch auch eine Tendenz hin zum bewussten Verzicht. Themen wie Nachhaltigkeit, oder das Teilen spielen plötzlich eine wichtige Rolle. Und ich kenne einige Menschen, die sehr genau überlegen ob sie etwas wirklich brauchen und nicht, weil sie das aus materiellen Gründen müssten. Nein, weil bewusst abgewogen wird ob es wirklich noch mehr braucht.
Eine andere Art der bewussten Einfachheit ist eine aus religiösem Antrieb, wie das etwas bei Mönchen der Fall ist. Dort gipfelt die Einfachheit im Extremfall in der Askese und der völligen Abgeschiedenheit. Ich habe das in meinem Bier-Artikel über die Trappisten am Rande erwähnt.
Viele Menschen, die sich einmal für eine Weile ein wenig zurücknehmen und versuchen etwas einfacher zu leben, stellen fest, dass sie plötzlich sehr viel zufriedener sind. Mit dem Verzicht kommt die Einsicht, dass viele Bedürfnisse im Kern gar nicht unsere eigenen sind und dass wir, wenn wir uns einmal von Ihnen gelöst haben, viel freier sind.
Dazu habe ich ein kleines Beispiel aus meiner Vergangenheit. Mit Anfang 20 bin ich mit einigen Freunden im Frühling und Sommer regelmässig für ein paar Tage weggefahren. Die Familie eines guten Freundes hat in einem relativ abgelegenen Tal ein Stück Land mit einem Bauernhof und einem grossen Ferienhaus. Das Land und der Hof sind verpachtet, aber das Ferienhaus konnten wir nutzen. Die Verhältnisse in diesem waren aber alles andere als Luxuriös, es gab nur eine Steckdose und kein fliessendes Wasser. Das Klo befindet sich in einem kleinen Bretterverschlag hinter dem Haus und im Hof gibt es einen Brunnen um sich zu waschen und um Wasser zu holen (und um Bier gekühlt zu lagern). Es gibt eine schöne Feuerstelle im Garten und einige Betten im Haus.
Wir verbrachten die Tage dort damit, mit was Jungs Anfang 20 die Tage halt so verbringen, wir gingen Angeln, tranken Bier und machten irgendwelchen Blödsinn. Rückblickend betrachtet waren das eigentlich immer die besten Tage im ganzen Jahr und das obwohl, oder vielleicht eher gerade weil wir da keinen grossen Luxus hatten.
Heute bin ich sicher ein ganzes Stück bequemer geworden, aber es zieht uns immer noch hin und wieder in dieses Häuschen und immer noch nehmen wir ganz bewusst fast nichts mit.
Für mich ist Verzicht und Bescheidenheit ein Weg zur Zufriedenheit. Wenig zu haben bedeutet für mich auch ein Stück Freiheit. Aber wie bei allem gilt es auch hier das richtige Mass zu finden, der goldene Mittelweg also. Denn so befreiend Verzicht auch sein kann, so schöne Dinge gibt es, auf die man ungern verzichtet und Leben darf ja auch Spass machen.
Ich kenne das gut von mir selbst, gerne esse und trinke auch einmal etwas zu viel, oder kaufe mir etwas, dass ich gar nicht brauche. Ein Problem sehe ich darin aber nicht, denn ich messe diesen Dingen keine besondere Bedeutung zu und hätte ich sie nicht wäre ich auch zufrieden.
Aber auch bei den kleinen Freuden im Leben bewirkt so ein Verzicht, dass wir die Freude wieder sehr viel bewusster wahrnehmen. Wer z.B. während der Fastenzeit schonmal auf Schokolade oder Kaffee verzichtet hat, weiss genau wovon ich Spreche.
Wie seht ihr das mit dem Verzicht, habt ihr auch schon mal bewusst auf etwas verzichtet?
In diesem Sinne wünsche ich euch ein einfaches Wochenende.
bis bald
@captainloken
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Ohh, das Häuschen mit Umgebung ist wunderschön 🧡
Verzicht = Abstinenz / etwas komplett sein lassen 😕... dann verzichte ich auf fast nix und das niemals, weder das Jahr über, noch zu irgendeiner Zeit wie der Fastenzeit. Sowas hat mich noch nie interessiert, ebenso wenig wie die Essgewohnheiten am Karfreitag.
Wenn man es aber nicht ganz so eng betrachtet, "verzichte" ich doch auf einiges:
Kompletter Verzicht bei mir:
Sehr schön auch in Tschechien, so fast ganz ohne Lichtverschmutzung :3