Energiebilanz der EU-Paläste: Grausame Gesamteffizienz
Das Berlaymont-Gebäude in Brüssel ist der Sitz der EU-Kommission. Das Haus ist berühmt dafür, dass es mehr Energieeffizienzpässe besitzt als jedes andere von Menschenhand geschaffene Bauwerk. |
Als das Europäische Parlament im März seine Position zur Überarbeitung der Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie festlegte, waren die Ziele überaus ambitioniert. Es ging um nichts weniger als um die Vollendung der im Oktober 2020 vorgestellten "Strategie für eine Renovierungswelle", im EU-Abkürzungskosmos MEMO genannt. Die behielt sich Maßnahmen vor, um die jährliche Quote der sogenannten "energetischen Renovierungen" bis 2030 mindestens zu verdoppeln. Nichts weniger als der größte Versuch der Menschheit bisher, um mit einer Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden Emissionen zu senken, die im Zuge des Ukraine-Krieges entdeckte "Energiearmut" (EU) zu bekämpfen und die Anfälligkeit der Menschen gegenüber steigenden Energiepreisen zu verringer, auf dass "die wirtschaftliche Erholung und die Schaffung von Arbeitsplätzen unterstützt" (EU) werde.
Traumstart in Zeitlupe
Die EU selbst geht schon seit 20 Jahren mit gutem Beispiel voran. Damals, 2002, gaben Europäischer Rat und Parlament einem Richtlinienvorschlag der Kommission mit dem Titel "Gesamteffizienz der Kommission" ihre Zustimmung, nach dem künftig eine "ganzheitliche, energetische Bewertungen von Gebäuden im gesamten EU-Raum durchzuführen" war. Am Beispiel des EU-Kommissionsgebäudes in Brüssel, der Herzkammer der europäischen Verordnungsdemokratie, wurde die Größe der kommenden Aufgaben beschrieben: Experten aus sechs EU-Staaten waren aufgerufen, die Gebäudeenergieeffizienz des als "Berlaymont"-Palast bezeichneten Gesichtes der Gemeinschaft zu bewerten. Erstmals einbezogen werden mussten die in der Energieeinsparverordnung bis dahin nicht enthaltenen Energiefresser Beleuchtung und Raumluftkonditionierung mit in eine "Bewertungsnorm integriert werden".
Keine leichte Aufgabe, wie sich bald zeigte. Sechs Spezialkommandos aus sechs Mitgliedsstaaten, das bedeutet im europäischen Maßstab stets wenigstens sechs unterschiedliche Ergebnisse, natürlich auch im Rahmen "der nationalen Umsetzung der europäischen Richtlinie für die Energieeffizienz von Gebäuden (EPBD) neu entwickelten Berechnungsvorschriften". Das Gute am Gesamtergebnis: Alle schließlich erteilten Zertifikate bewerteten die Energieeffizienz des Berlaymont-Gebäudes mit "gut" bis "sehr gut" und kamen zu dem Schluss, dass es besser abschneidet als der Durchschnitt vergleichbarer Gebäude in den jeweiligen Herkunftsländern der Tester.
Lob aus Deutschland
Im Einzelnen aber zeigten sich bemerkenswerte Unterscheide: Lob aus Deutschland, dessen Fraunhofer-Forscher im Berlaymont-Gebäude einen Bau sahen, der um 45 Prozent besser bewertet werden konnte als der das durchschnittliche deutsche Bürogebäude - also 55 Prozent schlechter als alles was besser ist als der deutsche Durchschnitt - sahen die portugiesischen Experten der EU-Vorzeigebau nur um 41 Prozent besser abschneiden. Nicht als der Durchschnitt der potugiesischen Gebäude. Sondern als es die Mindestanforderungen der portugiesischen Gesetzgebung erfordern.
Eine Ohrfeige war gar das Urteil aus den Niederlanden. Das Berlaymont sei gerade mal um 24,2 Prozent energieeffizienter als ein neues Gebäude daheim. Auch aus Frankreich kam harte Schelte: Nur sieben Prozent besser habe der Bau abgeschnitten, verglichen mit einem neugebauten Referenzgebäude in der Grande Nation. Die sechs am Ende erteilten Energiepässe, nach Angaben der Kommission bis heute stolz "repräsentativ ausgestellt" im Foyer, zeigten alles zugleich und zugleich nichts: Der Sitz der Kommission ist an sich Superklasse. Doch mit 193 kWH pro Quadratmeter Bürofläche verbraucht das EU-Hauptgebäude etwa ein Drittel mehr Energie als ein durchschnittliches Wohnhaus in Deutschland. Verglichen mit einem Neubau liegt sein Energiehunger doppelt so hoch. Und gemessen am Standard eines Passivhauses ist er gar mehr als zehnmal höher.
Erdgas für die Kommission
Besorgt stimmen muss auch die Art der Erzeugung der Energie, die die Kommission wärmt und sie mit Strom versorgt. Ursula von der Leyen und ihre Mitarbeiter vertrauen hier auf ein erdgasbefeuertes Blockheizkraftwerk im Dachgeschoss des Gebäudes, das zwar gleichzeitig Strom und Wärme liefert, die EU aber auch abhängig macht von fossilen Energieträgern. In der Theorie sind zwar Wirkungsgrade bis zu 90 Prozent möglich. Doch in der Praxis war bei der fast 400 Millionen Euro teuren letzten Renovierung des Baus aus dem Jahr 1967 um die Jahrtausendwende herum kein Gedanken an Energieeffizienz oder eine umfassende energetische Gebäudesanierung verschwendet worden.
Seitdem hat es die EU dabei belassen. Zu groß sind andere Aufgaben, zu oft müssen die Richtlinien, Vorgaben und maßgeblichen Anforderungen an die energetische Qualität der anderen Gebäude in der Gemeinschaft fortgeschrieben und verschärft werden, als dass noch Zeit bliebe, am eigenen Bestand zu arbeiten. Seit dem Abschlussbericht "Energy Certification of Berlaymont: Summary Report on Project Results", als Referenz an die noch in der EU lebenden sechs Millionen englischen Muttersprachler nur in dieser Sprache verfügbar, gilt das Berlaymont als das europäische Gebäude mit den weitaus "allermeisten" (DPA) Energieausweisen und als in jeder Infrarotansicht strahlend leuchtendes Vorbild der nationalen Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie zur Energieeffizienz (EPBD).
Der geplante "große Schub für das Bauen im Bestand" durch die EU-Sanierungspflicht wird dann wohl am Herzen des Gebäudebestandes der Kommission vorübergehen. Sanierungen muss man sich leisten können, die EU kann es nicht, sie musste schließlich eben erst die aufwendigen Umbauten für die Gemächer der Präsidentin stemmen. Das Ziel der europäischen Politik, Gebäude durch Dämmung, Umstellung Wärmepumpe und solarbetriebene Heizungen zumindest schrittweise in Richtung Klimaneutralität zu bringen, muss anderenorts erreicht werden. Eine Chance für Bürgerinnen und Bürger!
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